Aus recycelten Materialien, optimaler Aufbau und modernes Design – die Zero Waste Küche von Ivana Steiner hält 150 Jahre.

1926 präsentierte Margarete Schütte-Lihotzky mit der Frankfurter Küche die Vorlage für die moderne Einbauküche, wie wir sie heute kennen. Praktische Anordnung, schnell erreichbare Arbeitsmittel, kompakte Ausmaße und zugleich ästethisch – das waren die besonderen Merkmale, mit denen die Wiener Designerin Bekanntheit erlangte. Sozusagen in ihre Fußstapfen tritt die ebenfalls aus der österreichischen Hauptstadt stammende Ivana Steiner mit der Zero Waste Küche.

Auffällig sind die cleveren Details. (Foto: Ivana Steiner)
Auffällig sind die cleveren Details. (Foto: Ivana Steiner)

Daraus besteht die Zero Waste Küche

Ein wenig erinnert die Zero Waste Küche der Designerin Ivana Steiner an Edelstahl-Küchen für die Gastronomie. Das mag zum Minimalismus-Trend der Gegenwart passen, hat aber auch andere Gründe: Edelstahl ist robust und kann häufig wiederverwendet werden. Genauso wie das für die Küche genutzte Glas handelt es sich um recyceltes Material, das für Spüle und Arbeitsfläche sowie die gesamte Konstruktion genutzt wurde. Im besten Fall kann die Zero Waste Küche so 150 Jahre halten, also an die eigenen Kinder und Enkel vererbt werden.

Nettes Detail für Kenner der Frankfurter Küche: Der Krug ist eine Hommage an die Vorlage aus den 1920er Jahren. (Foto: Ivana Steiner)
Nettes Detail für Kenner der Frankfurter Küche: Der Krug ist eine Hommage an die Vorlage aus den 1920er Jahren. (Foto: Ivana Steiner)

Wie schon bei der Frankfurter Küche steht ein wohl überlegter Aufbau im Vordergrund: An die Glasbehälter für Gemüse, Gewürze oder Nudeln kommt ihr ohne Umwege. Bei Bedarf lässt sich die Arbeitsfläche erweitern – zum Beispiel, wenn Freunde zu Besuch kommen und ein Esstisch benötigt wird. Taschen, Tücher und andere Utensilien sind ebenfalls sofort gefunden. Platz für Küchentücher und Wegwerf-Wischlappen findet ihr nicht, schließlich soll in der Zero Waste Küche kein unnötiger Abfall entstehen. Dafür sind ein Wäschesack für schmutzige Tücher und ein Wäscheständer vorhanden.

Mit Garten und Komposter

Hübsche Details gibt’s natürlich auch: Ein vertikaler Indoor-Garden für Kräuter und Salat fehlt in der Zero Waste Küche nicht. Und der Biomüll-Eimer wurde durch eine Wurm-Box ersetzt. Der durch den Komposter gewonnene Humus kann gleich für den Mini-Garten verwendet werden. Clever.

Apropos: Dass zahllose Gläser in der Zero Waste Küche verstaut werden, ist durchaus als Vorteil zu sehen. Ist zum Beispiel das Mehl aufgebraucht, könnt ihr mit genau diesem Glas im nächsten Unverpackt-Laden einkaufen gehen. So wird schon beim Erwerb von Lebensmitteln darauf geachtet, gar nicht erst Verpackungsmüll zu produzieren. Die Zero Waste Küche entstand nach ausgiebiger Recherche und Feldforschung. Hierzu besuchte Ivana unter anderem die sechs Unverpackt-Geschäfte in ihrer Wahlheimat.

Weniger ist mehr in der Zero Waste Küche

Die Zero Waste Küche verzichtet übrigens auf unnötigen Stauraum wie Hängeschränke, denn der Schöpferin zufolge basiert „Zero Waste“ auch auf einen minimalistischen Lebensstil. Bei diesem bewahrt ihr nur das auf, wars ihr wirklich (täglich) braucht. Und so ist nur Platz für 12 tiefe, 12 flache, 12 kleine Teller, 12 Wassergläser und 8 Weingläser vorhanden. Das sollte für den Alltag wirklich genügen.

Für Ivana Steiner ist ihre Zero Waste Küche auch ein politiches Statement, wie man unschwer erkennen kann. Den bekannten „Fridays-for-Future“-Slogan findet ihr auf der Frontseite des Kühlschranks. Der ist wie auch ein Elektroherd natürlich vorhanden. Nicht so dagegen der Geschirrspüler. Zwar spart dieser im Vergleich zum klassischen Abwaschen tatsächlich Wasser, aber er benötigt Energie und hält nicht ewig. Anders die Doppelspüle aus Edelstahl, die euch bei sachgemäßer Behandlung überleben dürfte. Und das ist letztlich wirklich nachhaltiger.

Persönlich empfinde ich diese kleine Küche als etwas zu kühl und nüchtern. Ich vermisse eine Holz-Arbeitsfläche und wüsste nicht so genau, wo und wie ich meine Brötchen kneten sollte. Hält die zusätzliche Ablagefläche auch Druck und Gewicht aus? Aber für kleine Haushalte, womöglich als Single- oder WG-Küche kann ich mir das Zero Waste Kitchen sehr gut vorstellen.

Hoher Preis für die abfallfreie Küche

Ivana Steiner machte sich in vielerlei Hinsicht Gedanken. Recycelte und recycelbare Materialien, Glasgefäße, kompletter Verzicht auf Plastik- und Restmüll-Eimer, Küchen-Komposter und Mini-Garten – das zusammen ist nicht nur trendy, sondern ergibt ein schlüssiges Konzept für die Küche der nächsten Generation. Denkbar wäre der Designerin zufolge ebenfalls eine Eckversion für kleine Wohnungen. Und einzelne Elemente könnten nachträglich in bestehende Küchen integriert werden, vor allem die Komponente mit den Glasbehältern.

Ivana mit ihrer Zero Waste Küche. (Foto: Ivana Steiner)
Ivana mit ihrer Zero Waste Küche. (Foto: Ivana Steiner)

Einen Haken hat diese abfallfreie Küche: Allein die Herstellung des 400 Zentimeter langen, 60 Zentimeter breiten und 86 Zentimeter hohen Systems kostete rund 20.000 Euro. Und damit ist solch eine Küche schon wieder ein Luxusgut für wohlhabende Minimalisten…

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