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Corona: Die Krise als Chance verstehen

Wie ändert Corona unsere Zukunft? (Foto: Sven Wernicke)

Wie ändert Corona unsere Zukunft? (Foto: Sven Wernicke)

Viele Menschen sterben tagtäglich an den Folgen des Corona-Virus. Wie können wir dieser Krise etwas Gutes abgewinnen?

Es wäre mehr als nur pietätlos, würde ich jemandem, der gerade einen Angehörigen an Corona verloren hat, erklären, dass das Virus eine große Chance für die gesamte Menschheit sei. Das Betrachten der aktuellen Zahlen der WHO genügt eigentlich für die Erkenntnis, dass die Zeit für naive Zukunftsvisionen noch lange nicht reif ist.

Tja, eigentlich. Denn so viel Angst uns die Corona-Krise gegenwärtig bereitet, so wichtig ist ein Blick auf das, was uns erwarten könnte. Denn nur so können wir die Zukunft gestalten und den Ballast der Vergangenheit abwerfen. Ich denke: Das ist dringend nötig.

Die Zeit nach der Corona-Krise

Der Zukunftsforscher Matthias Horx beschrieb vor einigen Tagen eine wunderschöne Rückwärts-Prognose mit dem Titel „Die Welt nach Corona“. Auch der PR-Experte Marc Raschke vom Klinikum Dortmund blickt in einem Instagram-Beitrag aus dem Sommer 2021 auf die uns noch bevorstehenden Monate mit sehr viel Hoffnung und Optimismus. Ja, Optimismus braucht es wohl derzeit, denn viele Menschen verlieren gerade ihre Perspektive. Im Februar 2020 gab es noch den geregelten Tagsablauf: Job im Büro, Kinder in der Kita oder Schule, am Abend Freunde treffen, am Wochenende Kneipe, Kino, Café, Shoppen. Und jetzt? Die Decke fällt uns nach einer Woche Ausgangsbeschränkung schon auf den Kopf, wir fühlen uns eingeengt und überfordert von der Situation. Auch, weil völlig unklar ist, wie es in den kommenden Monaten weitergehen soll.

Ob wir auch in Zukunft noch volle Warenkörbe haben werden? (Foto: Sven Wernicke)

Marc Raschke und Matthias Horx haben gut reden. Womöglich besitzen sie genügend Ersparnisse, ein Eigenheim am Stadtrand, einen vollen Vorratsschrank, keine Kinder. Vom eigenen Elfenbeinturm aus über die Zukunft unserer Gesellschaft zu philosophieren ist leicht. Nur was ist mit den Sorgen derjenigen, die kürzlich ihren Job verloren haben? Wir Deutsche sind zwar privilegiert, aber nicht alle im gleichen Maß. Und das zeigt die Corona-Krise auch: Menschen mit systemrelevanten Tätigkeiten (Einzelhandel, Medizin, Müllabfuhr, etc.) arbeiten am Limit und bei im Vergleich schlechter Bezahlung, während andere aus den „irrelevanten“ Bereichen daheim aus dem Home-Office heraus in den sozialen Netzwerken darüber jammern, dass ihnen nichts mehr einfällt, wie sie ihre Kinder bespaßen könnten. Eine verrückte Welt.

Die neue Gesellschaft

Ich möchte den „Utopisten“ Horx und Raschke nichts unterstellen. Im Gegenteil: Ihre Visionen sind voller Zuversicht. Schaue ich in die Zukunft, möchte ich keine Endzeit-Szenarien erblicken, sondern die für alle gute Neugestaltung Deutschlands oder besser der ganzen Welt. Und genau deshalb ist es so wichtig, schon jetzt darüber nachzudenken, wie es 2021 und danach sein könnte. Ja, wir müssen uns von bisherigen Wertvorstellungen, von unseren Gewohnheiten, womöglich von unserem Luxus (zum Teil) verabschieden. Doch wir können in vielerlei Hinsicht gewinnen. Der Zukunftsforscher Horst Opaschowski meint, dass Deutschland als stärkere Gesellschaft aus der Pandemie hervorgehen könnte: „Jetzt bilde sich eine Selbsthilfegesellschaft aus der Einsicht, aufeinander angewiesen zu sein.“ Eine Mitmach-, Zusammenhalts- oder Mitbestimmungsgesellschaft wäre eine enorme Bereicherung für alle.

Ob wir es wollen oder nicht – aber der klassische Einzelhandel wird auch ebenfalls verändern. (Foto: Sven Wernicke)

Mal ehrlich: Sollte es nach der Krise so weitergehen wie bisher? Das wird auch kurzfristig gar nicht möglich sein – die Bundesregierung rechnet schon jetzt mit über 2 Millionen Kurzarbeitern (die bisher Vollzeit tätig waren) und weiteren Millionen, die Hartz-IV beziehen müssen. Vor allem Selbständige sowie Künstlerinnen und Künstler kommen noch dazu. Die Kaufkraft sinkt, Ersparnisse sind unter Umständen weniger wert, das Gesundheitssystem muss sich erst wieder erholen (und sanieren). Und es wird zahllose andere Baustellen und Probleme geben, sobald wir wieder unsere Freiheit genießen können.

Aber wie es auch schon Raschke und Horx sagen: Wir können durch Corona unsere Chancen nutzen. Wenn wir sie rechtzeitig erkennen. Am besten jetzt!

Wünsche für die Zukunft ohne Corona

Es wäre schon ein großer Fortschritt, wenn wir uns davon lösen, ausschließlich an uns zu denken. Die Luxusgüter-Knappheit der vergangenen Tage zeigt uns Abgründe, die wir offenbar noch überwinden müssen. Dazu gehört auch ein Verständnis zu entwickeln, wie bedeutsam viele Jobs sind, die man eben nicht anhand von Umsätzen und Gewinnen messen kann. Ich wünsche mir eine Abkehr vom Neoliberalismus, hin zu einem sozialen Denken und Verinnerlichen eines Gemeinschaftsgefühls. Dafür muss niemand auf seinen Individualismus verzichten.

Populismus kann komplett weg. Der trägt ohnehin nie etwas Konstruktives bei. Das sieht man ja aktuell ganz deutlich. Umweltschutz, nachhaltige Lebensweise, regionale Wirtschaftsstrukturen, völlig neue Geschäftsideen, Neuentdeckung des ländlichen Raums – es gibt soooo viel, was blühen kann. Dafür müssen alte Strukturen erst einmal absterben.

Zig Nachrichten der letzten Tage sind absurd. Eine Frau sitzt beispielsweise aus Protest auf einem Kassenband in einem Supermarkt, da sie nur eine Packung Toilettenpapier kaufen durfte. Die Polizei muss sie abführen. Die Leute hamstern nach wie vor, mittlerweile sehe ich häufiger Security-Mitarbeiter in den Geschäften, das Aggressionspotenzial steigt, Menschen wissen nicht so recht, ihre neu gewonnene Zeit (erstmals?) sinnvoll zu nutzen. Vielleicht wird uns die Corona-Krise weniger lehren, als ich mir erhoffe – es braucht schließlich auch Vernunft, Empathie, Verständnis. Vielleicht aber entwickeln wir uns durch das Virus weiter. In eine Richtung, die uns allen guttut. Ich bin gespannt.

Und was denkt ihr?

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