So eine Scheiße! Das Toilettenpapier ist wieder ausverkauft! Und Milch gibt’s auch nicht! Nudeln? Regale geplündert! Was nun?
Wer hamstert, verhält sich unsozial! Gerade in Zeiten der Corona-Krise zeigt sich dies in hiesigen Discountern, Super- und Drogerie-Märkten sowie Bioläden. Toilettenpapier wird zum kostbarsten Gut erklärt, dicht gefolgt von Nudeln und anderen Dingen, die wir womöglich in naher Zukunft brauchen. Weil die Hersteller nicht liefern können, wir von einer Ausgangssperre betroffen sind oder weil…ach, ich weiß es nicht. Ich verstehe die Ängste vieler Menschen, ich bin auch beunruhigt. Ich verstehe aber nicht, wieso ich jetzt plötzlich Güter in unverhältnismäßigen Mengen ansammeln muss und ich letztlich dafür sorge, dass andere nichts davon abbekommen.
ICH MUSS IRGENDWAS TUN!!!1
Ein Dilemma schaffen wir uns selbst. Wir werden mit einer uns unbekannten und nicht kalkulierbaren Gefahr konfrontiert, die uns natürlich überfordert. Medien ballern uns zu, die Zahl der Infizierten steigt täglich und wir wissen nicht, was wir tun sollen. Die Endzeit kündigt sich an? Ich muss irgendwas machen, aus meiner Ohnmacht heraus! Einkaufen! Vorräte aufstocken! Das beruhigt ungemein und gibt einem etwas das Gefühl, die Situation unter Kontrolle zu haben.
Und trotzdem reden wir über nichts anderes als Aktionismus. Das individuelle Handeln geht kaum über den eigenen Mikrokosmos hinaus, was ich persönlich auch nachvollziehen kann. Aber: Ausverkaufte Produkte und leere Regale animieren zum weiteren Hamstern, erhöhen den persönlichen Stresspegel und lassen den Wunsch aufkommen, zumindest Alternativen zu finden. Taschentücher statt Toilettenpapier, Mehl statt Nudeln. Es ist wie ein Strudel, dem vermutlich nicht einmal Händler entgegenwirken können. Höchstens durch die Reglementierungen und Abgabe-Beschränkungen. Die führen bereits zu gewalttätigen Auseinandersetzungen.
Es spricht nichts dagegen, Vorräte anzulegen. Das machen wir seit jeher, es liegt in der Natur des Menschen. Aber das Ansammeln von Dingen, die man womöglich, vielleicht, in drei Monaten oder irgendwann gebrauchen könnte, führt zu Gedanken, Gefühlen und Verhaltensweisen, die wir in der Krise noch weniger wollen. Ich kann auf Panik, irrationale Ängste, Egoismus, Hass gerne verzichten.
Wohlstands-Hamstern
Die letzten Tage schaute ich in mich in einigen Geschäften um und war nicht selten überrascht, was ausverkauft war. Toilettenpapier, klar! Nudeln – ich hatte damit gerechnet, aber vielleicht ist es euch aufgefallen: Die teuren Markenprodukte waren noch erhältlich. Wieso? Jeder weiß, dass die billigen genauso gut schmecken. Zugleich war hier und da die gute Biobutter nicht mehr verfügbar, die günstigen Noname-Gegenstücke dagegen schon. Bei Milch favorisierten die Leute zuerst einmal die beste Vollmilch, am liebsten in Bio-Qualität. Logisch, wer möchte schon fettarme Milch in seinen Kaffee schütten? Das schmeckt doch nicht!
Mehl in allen erdenklichen Varianten ausverkauft. Vielerorts fehlt wohl auch Hefe. Ich grusele mich ein wenig davor, was die Leute jetzt daheim backen und ihrer Familie vorsetzen. Das erste Mal richtig Backen, weil….warum eigentlich? Engpässe existieren bei frischen Backwaren nicht. Beim abgepackten und ein paar Tage länger haltbaren Brot dagegen schon.
Taschentücher, Küchenrollen und – was mich wirklich mit am meisten irritierte – Geschirrspültabs sind in etlichen Geschäften zur Mangelware geworden. Wenn Krankenpfleger und Ärzte nach einer stressigen Schicht noch etwas einkaufen wollen, dürfen sie sich über die Reste freuen, die die Wohlstands-Hamsterer übrig gelassen haben? Danke!
Ich hörte von leer gekauften Discountern, doch in den meisten Geschäften waren und sind unverändert nahezu alle Lebensmittel erhältlich. Nur die, die wir für besonders wichtig und lecker halten, sind weg. Nutella-Regal leer, Alternativen da – aktuell fühlt sich das für mich wie ein Luxus-Horten an. Wir sind glücklicherweise noch lange nicht an einem Punkt, wo es ums Existenzielle geht. Es gibt also keinen Grund, sich so zu verhalten.
Wo ist eure Nachhaltigkeit geblieben?
Vor Corona redeten wir über Nachhaltigkeit und Umweltbewusstsein, jetzt kaufen wir in Plastik eingeschweißte (Einweg-)Produkte, als gäbe es kein Morgen mehr. Ja, solche Themen beschäftigen uns, wenn’s uns gut geht. In Ausnahmesituationen rücken sie in den Hintergrund. Dabei wären sie auch ein Teil der Lösung einiger unserer Probleme derzeit.
Habt ihr schon einmal darüber nachgedacht, dass ihr Toilettenpapier durch Waschlappen oder Po-Duschen wie von Happy-Po ersetzen könntet? Klingt absurd und völlig verrückt? Nun, es wäre (im Notfall) eine nachhaltige Lösung. Aber logo – das Toilettenpapier ist eine Errungenschaft der modernen Zivilisation, auf die wir unter keinen Umständen verzichten können.
Jetzt wäre der ideale Zeitpunkt, endlich mal vegane Alternativen zur liebgewonnen Vollmilch auszuprobieren. Es gibt längst die guten Haferdrinks, die sich auch für Kaffee ganz wunderbar eignen (Tipp: Oatly). Dass “Milch” aus Hafer viel umweltfreundlicher und ökologischer sein kann, sei nur nebenbei erwähnt. Ihr seid sogar in der Lage, diese daheim selbst herstellen, da sie zum Großteil aus Wasser besteht.
Schwieriger ist es gewiss, auf Damenhygieneprodukte zu verzichten, Tampons und Binden sind auch rar geworden. Hier könnte sich ein Blick auf Menstruationstassen lohnen. Das auch ständig ausverkaufte Desinfektionsmittel lässt sich daheim selbst produzierten, die WHO hat eine ausführliche Anleitung parat.
Wider dem Egoismus
Wenn das Mehl knapp ist, probiert Varianten aus Buchweizen, Mandeln, Kichererbsen oder Mais. Oder kauft wie gewohnt frisches Brot vom Bäcker. Bei Nudeln fällt mir nicht viel ein. Macht sie selbst, wenn’s sein muss und ihr noch die Zutaten bekommt. Übrigens: Oftmals nötige Eier und Hefe halten sich nicht so lange – habt ihr das beim Hamstern auch berücksichtigt? Konsequent müsst ihr schon sein, sonst wisst ihr nicht, was ihr mit den 20 Packungen Mehl anstellen sollt.
Ob ihr Toilettenpapier hortet, weil ihr das ja dringend braucht, oder mit euren Kindern gegenwärtig einen öffentlichen Spielplatz besucht, da euch die “Decke auf den Kopf fällt” – für mich macht es keinen Unterschied: Es ist egoistisch, unüberlegt und für die Gemeinschaft, die gerade auf die Probe gestellt wird, kontraproduktiv. Wie seht ihr das?
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