Ihr möchtet euren Kindern zu Weihnachten oder anderen Anlässen umweltfreundliches und nachhaltiges Spielzeug schenken? Prima, aber schaut besser genauer hin!
Dieses Jahr verkaufte sich die Toniebox mitsamt Zubehör in Deutschland über 1,3 Millionen Mal – und Weihnachten steht erst vor der Tür. Der kleine Kinder-Lautsprecher, bei dem ihr Hörbücher in Form süßer Sammelfiguren nachkauft, ist ein gewaltiger Hit. Aber von einer Nachhaltigkeit kann bei diesem Speaker kaum die Rede sein. Ees handelt sich schließlich um einen Artikel, der für noch mehr Plastik im Kinderzimmer sorgt. Dazu kommen überraschend hohe Folgekosten, rund 15 Euro pro Figur. Den angeborenen Sammeltrieb der Kleinen nutzt der Hersteller für ein Konsumprodukt. Für Nachhaltigkeit ist da wenig Platz. Das haben sich die Verantwortlichen allerdings auch nicht auf die Fahne geschrieben.
Nachhaltiges Spielzeug? Es wird Zeit!
Bitte nicht falsch verstehen: Mir gefällt die Grundidee von Tonies, doch produziert ein solches Gerät immer und immer wieder Müll. Unnötigerweise. Nicht mehr benötigte Figuren wandern im schlimmsten Fall in den Abfall. Der Düsseldorfer Anbieter Boxine ist wenigstens bemüht, hochwertige Materialien (der Bezug besteht aus Baumwolle nach ÖkoTex Standard 100) zu verwenden.
Hier kommen wir dem Aspekt „Nachhaltigkeit“ bei Geschenken für Kinder näher: Es genügt eigentlich nicht, wenn ein Spielzeug auf eine überflüssige Plastikverpackung verzichtet. Langlebigkeit, Reparierbarkeit, Robustheit und unbedingt die Art der verwendeten Stoffe (Holz, Bio-Baumwolle, auf nachwachsenden Rohstoffen basierende Kunststoffe…) müsst ihr am besten vor dem Kauf berücksichtigen. Sollt ihr ständig neue Teile nachkaufen, damit Kinder weiterhin ihren Spaß haben, zieht euch das nicht nur den schnöden Mammon aus der Tasche, sondern führt zu weiterem Müll. Fortlaufend. Muss das wirklich sein?
Obwohl die deutsche Spielwarenindustrie von Jahr zu Jahr wächst und für 2019 ein Umsatz von 3,4 Milliarden Euro erwartet (Umsatzplus von 3 Prozent gegenüber dem Vorjahr), ist das Thema Nachhaltigkeit nicht zu den meisten Herstellern vorgedrungen. Das soll sich ändern, wie auch Ulrich Brobeil kürzlich sagte. Der Geschäftsführer des Deutschen Verbands der Spielwarenindustrie (DVSI) dazu: „Der Greta-Thunberg-Effekt ist in der deutschen Spielwarenindustrie angekommen.“ Zeit wird’s, stammen doch 70 Prozent der hierzulande verkauften Spielwaren aus China, wo sie nicht selten unter fragwürdigen Bedingungen produziert werden.
Viel Kohle, wenig Nachhaltigkeit
Wenn Ulrich Brobeil über Nachhaltigkeit spricht, meint er vorrangig die Recyclingfähigkeit und eine energiesparsamere Herstellung. Wenigstens was, doch ist das nicht weit genug gedacht. Mir genügt das nicht. Ich möchte vor allem bei Spielzeug wissen, woher die Rohstoffe kommen und wie diese verarbeitet wurden. Und die Vorstellung, dass Kinder in Asien Spielzeug für Kinder in Deutschland fertigen, ist keine positive. Ich begrüße es, wenn ein angedachtes Lieferkettengesetz Unternehmen dazu verpflichtet, Kinderarbeit zu unterbinden. Würde das die hiesige Spielwarenbranche hart treffen?
Spielzeug ist ein Milliardenmarkt und wir Konsumenten steuern diesen mit. Kaufen wir unüberlegt Plastikscheiße, wird es diese auch in Zukunft noch geben. Liegen uns Müllvermeidung, Qualität und materielle Unbedenklichkeit am Herzen, sollten wir bedacht „shoppen“ und vielleicht auch unser eigenes Kaufverhalten hinterfragen. Was braucht das zu beschenkende Kind wirklich? Hat es mit diesem Spielzeug länger als fünf Minuten Spaß? Würde ich damit auch spielen? Oder landet es zum Beispiel kurz nach dem Weihnachtsfest eh in der Tonne? Gerade Produkte ohne Mehrwert braucht niemand! Weniger ist mehr – das gilt auch ohne pädagogische Keule. Und: Wir machen niemandem eine längerfristige Freude, wenn das Präsent sinnlos ist. Das gehört ebenfalls zu Nachhaltigkeit: Auf Quatsch verzichten.
Es ist ernüchternd, dass der DVSI erst jetzt an einem Sozial- und Ökosiegel für Spielwaren arbeitet und für dieses noch nicht einmal einen Namen parat hat. Irgendwann für 2020 ist es angedacht, also fürs nächste Weihnachtsgeschäft dürfte dies relevant sein. Ob dann Riesen wie LEGO, Disney oder Mattel überhaupt etwas im Angebot hätten, das ein solches Siegel verdient?
Wo finde ich nachhaltige Geschenke für Kinder? Und was ist mit Plastik?
Ich plädiere nicht grundsätzlich für Plastikverzicht bei allen Dingen, die wir kaufen. Das ist einerseits gar nicht möglich, andererseits bieten heutige Kunststoffe viele Vorteile. Beispielsweise sorgen sie für Stabilität, Verträglichkeit (Stichwort Allergien) und ein niedriges Gewicht, was bei Kinderspielzeug nicht zu unterschätzen ist. Bei der Suche nach geeigneten Spielwaren könnt ihr trotzdem nach Biokunststoff oder Holz Ausschau halten, wenn es eine Alternative zu einem herkömmlichen Produkt gibt.
Im Gegensatz zu den Herstellern hat sich der Einzelhandel längst auf die sich ändernden Vorstellungen der Eltern, Großeltern, Tanten und Onkel eingestellt. Auch in klassischen Spielwaren-Geschäften findet ihr nachhaltige(re) Produkte oder zumindest Waren, die aus zertifiziertem Holz bestehen und ausgiebig auf Chemierückstände geprüft wurden. Oder ihr stöbert in spezialisierten Onlineshops nach „besseren“ Geschenken. Hier seien exemplarisch Greenpicks, Greenstories, Grünes Spielzeug, Ecotoy, LittleGreenie und der Avocadostore genannt. Einige der genannten Händler geben sogar explizit Details zur Herkunft, zur Wiederverwertbarkeit und zu den genutzten Rohstoffen an.
Übrigens: Habt ihr schon einmal darüber nachgedacht, gebrauchte Produkte (eBay Kleinanzeigen, Trödelmärkte, Second-Hand-Läden…) zu verschenken? Nicht, um Geld zu sparen, sondern – na, ihr könnt es euch sicher denken, oder?
Wie findet ihr nachhaltige Geschenke für Kinder? Ich freue mich über Kommentare unter diesen Zeilen.