Nachhaltige Geschenkideen! Last-Minute! Schnell noch was Gutes zu Weihnachten kaufen! Für Tante Brigitte und Oma Ilse. Und fürs Gewissen! Doch Shopping aus der Not heraus ist vor allem eines nicht – nachhaltig!

Wir wollen unser Leben verändern, niemanden indirekt durch unseren Konsum ausbeuten, der Umwelt nicht schaden, Müll vermeiden, die Natur schützen und keine Tiere töten (lassen). Aber doch verfallen wir schnell wieder zurück in alte Muster. Spätestens dann, wenn Weihnachten vor der Tür steht. Geschenke müssen beschafft, verpackt, versendet, überreicht werden. Für 2018 erwartet alleine die Deutsche Post an den Tagen vor Heiligabend über 11 Millionen ausgelieferte Pakete. Pro Tag! Darunter sind gewiss exorbitant viele nachhaltige, faire Bio-Produkte, die als Präsent gedacht sind.

Shoppen vs. nachhaltige Geschenkideen

Ja, schon klar. Ich erzähle euch nichts Neues. Wir shoppen und suchen auch noch kurz vor dem Fest verzweifelt nach geeigneten Geschenken. Im besten Fall sollen sie das eigene Lebensgefühl unterstreichen und eine Botschaft an die zu Beschenkenden vermitteln. Am Schluss kaufen und konsumieren wir dann doch genauso wie noch vor 20 Jahren – nur andere Dinge, die sich auf den ersten Blick besser mit unserem Gewissen vereinbaren lassen. Dass das eventuell ein ähnlich wertloser Plunder ist, spielt womöglich nur eine untergeordnete Rolle.

Geschenke bekommt jeder gerne - logo! (Foto: mamas kram)
Geschenke bekommt jeder gerne – logo! (Foto: mamas kram)

Vielleicht liegt es auch an meinem Gefühl, längst gesättigt zu sein. Wenn ich den zehnten Hersteller mit irgendwelchen Recycling-Trinkflaschen sehe, muss ich mit den Augen rollen. Zu jedem Produkt scheint es längst eine nachhaltige Alternative zu geben. Versteht mich nicht falsch – das finde ich ganz wunderbar. Dahinter stecken allerdings fast immer Firmen und Startups, die uns wieder zum Kaufen, Kaufen, Kaufen animieren wollen – Nachhaltigkeit als „Unique Selling Point“, vorzugsweise verpackt in eine emotionale Geschichte von der Firmengründung. So oder so: Das ertragreiche Weihnachtsgeschäft möchten auch sie mitnehmen.

Nachhaltige Geschenke auf den letzten Drücker? Lasst es besser!

Schaue ich mir die „15 nachhaltigen Last-Minute-Geschenke“ bei Utopia an (sorry Leute, nicht persönlich nehmen!), entdecke ich wieder die üblichen Verdächtigen: Trinkflaschen, Gutscheine, Zeitschriften-Abos (freilich Enorm und Co.), Spendengeschenke, faire Schokolade, unnützer Kram (guckt euch zusätzlich die Kommentare an) und was auch immer. Viele Vorschläge sind ähnlicher Krempel wie gewohnt und Beispiele für typische Einfallslosigkeit, nur eben mit einem grünen Anstrich. Ist es das, was wir wirklich wollen?

Schenkt doch Zeit. Klingt banal, ist aber ein guter, wirklich nachhaltiger Ansatz. (Foto: Zeit-statt-Zeug.de)
Schenkt doch Zeit. Klingt banal, ist aber ein guter, wirklich nachhaltiger Ansatz. (Foto: Zeit-statt-Zeug.de)

Besagter Artikel von Utopia brachte mich unter anderem zu Zeit-statt-Zeug.de. Ein Angebot, welches uns verdeutlichen möchte, dass wir nicht noch mehr Produkte brauchen. Stattdessen sollt ihr euren Lieben, euren Freunden, eurer Familie Zeit zur Verfügung stellen. Gemeinsame Momente und Erlebnisse – ein schöner Ansatz. Und eigentlich ist es schon etwas bedenklich, dass wir für eine solch „einfache“ Idee auch noch eine Webseite benötigen.

Was macht Nachhaltigkeit aus?

Ich finde: Wir reden viel zu häufig und zu intensiv über Nachhaltigkeit und einer besseren Lebensweise, die niemanden verletzt. Und letztlich geht’s unverändert um Konsum. Vermutlich kaufen wir uns auch Bücher darüber, wie wir Konsumverzicht in den Alltag integrieren können. Wir glauben unverändert, wir müssen Menschen, die eigentlich alles schon besitzen, Waren schenken. Es geht stets ums Materielle. Ob man sich dagegen verwehren möchte oder nicht. Wir sind und bleiben ein Teil der Konsumgesellschaft. Das ist nicht zwangsläufig schlimm, wenn wir ein natürliches Maß finden und darüber nachdenken, was wir selbst oder der zu beschenkende Mensch brauchen könnte. Das kann nämlich sehr oft die (häufig preisgünstige) Zeit miteinander sein. Oder vielleicht ein praktisches Utensil für den täglichen Gebrauch, eine Leckerei für Feinschmecker oder ein amüsantes Gadget für Scherzkekse. Was ich dagegen für furchtbar und stressig halte, ist das Schenken um des Schenkens Willen. Das Kaufen, weil es sein muss. Das Shoppen von sinnlosem Müll, der garantiert in der Tonne landet oder als Staubfänger endet. Aber sowas ist vermutlich schneller gefunden, als sich ernsthaft damit zu beschäftigen, was dem Gegenüber fehlt. Und auch das kann man niemandem in der schnelllebigen Gegenwart verübeln. Kein Wunder, dass wir nicht einmal die Muße besitzen, uns bei dem fleißigen Postmann zu bedanken, der tagein, tagaus die Pakete bis zur Wohnungstür bringt. Er würde sich bestimmt auch über etwas (nachhaltige, faire, Bio-)Schokolade freuen, die er euch eventuell sogar gebracht hat.

Ich schenke gerne und freue mich natürlich darüber, wenn ich kreative und vor allem praktische Sachen bekomme. Schade finde ich es, wenn man sich darüber verständigt, gar nichts mehr zu schenken. Weihnachten (und andere Feierlichkeiten wie Geburtstage) ist auch ein Fest der Liebe. Wir können so zeigen, dass wir an einen Menschen denken, ihn schätzen und gerne haben sowie uns darüber Gedanken machen, was ihm gefallen könnte. Geschenke sind eine Aufmerksamkeit und ein Zeichen dafür, dass einem die andere Person nicht egal ist. Und dies kann und sollte man zeigen. Entscheidend ist allerdings, dass wir – egal, ob nachhaltig oder nicht – nicht dem stumpfen Konsum verfallen und dem Freund, der Freundin, dem Ehemann, der Ehefrau usw. im Zweifelsfall unsere größten Kostbarkeiten zur Verfügung stellen: Zeit, Aufmerksamkeit, Zuneigung, Verständnis. Klingt abgedroschen? Nun, es liegt an euch, aus dieser Erkenntnis ein tolles Geschenk zu basteln.

Frohes Fest!

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